NAME HER
2020-2021
Berlin, Ballhaus Ost, Theatertreffen
Wien, Kosmostheater
Manuskripttext: Anne Tismer
Auftraggeber: Hortus Deliciarum

(Essay für Nuria Hoeyng – Cameradancing) Photography: Lea Hopp
Herzlich Willkommen bei Name Her!
A
Wir beginnen ganz einfach und mit einem entspannten Thema: der Mathematik. Alice Roth war eine Schweizer Mathematikerin. Sie hat das verrückteste Gegenbeispiel entwickelt, das man sich überhaupt vorstellen kann. Sie beschäftigte sich mit Approximationseigenschaften. Approximation bedeutet so etwas, wie eine Annäherung. Komplizierte Funktionen in der Mathematik werden vereinfacht, um besser damit arbeiten zu können.
Alice Roth entwickelte die (von mir) sogenannte Schweizer Käse Theorie.
Zu ihrer Zeit stand folgende Frage im Raum: Kann jede stetige Funktion auf einem kompakten Intervall, also einer kompakten Menge der reellen Achse gleichmäßig durch Polynome, also rationale Funktionen approximiert werden?
Es wurde 1931 bewiesen, daß stetige Funktionen auf kompakten Mengen vom Lebesgue Maß Null (das sind „sehr dünne“ Mengen) gleichmäßig durch rationale Funktionen approximiert werden können. Ist es dann vielleicht sogar möglich, daß dies für alle stetigen Funktionen auf allgemeineren kompakten Mengen gilt?
Ich übersetze kurz:
Eine stetige Funktion auf dem Koordinatensystem wäre ein Kreuz auf einem Rechenpapier mit einer durchgehenden Linie darin. Der waagerechte Strich des Kreuzes ist die x-Achse und der senkrechte ist y-Achse.
Die Striche sind in gleichmäßige Abschnitte aufgeteilt und nummeriert. Eine Funktion ist zum Beispiel eine Rechenaufgabe mit zwei Unbekannten, x und y. Für x setzten wir eine Zahl ein und dann kommt für y eine bestimmte Zahl heraus. Wenn wir verschiedene Zahlen für x einsetzen, kommen verschiedene Zahlen für y heraus. Diese tragen wir in das Koordinatensystem mit kleinen Kreuzen ein. Wenn wir die Kreuze mit einer Linie verbinden können und es zu jedem x auf der Linie ein y gibt, wir also mit dem Bleistift nicht absetzen müssen, ist es eine stetige Funktion.
Eine kompakte Menge oder ein kompaktes Intervall ist beschränkt und abgeschlossen. Das ist auch ein sehr schöner Begriff und bedeutet nichts weiter, als daß es einen Anfang und ein Ende gibt. Wenn wir das in der Mathematik mit runden Klammern schreiben, dann geht die Klammer nach innen und das bedeutet, die erste und die letzte Zahl ist dabei: beschränkt und abgeschlossen.
Die Reelle Achse sind die reellen Zahlen der Menge R. Es ist ganz einfach. Es gibt die Menge N, die natürlichen Zahlen, 1,2,3,4,5,6,7, ….bis unendlich die kann ich jetzt nicht alle aufzählen, dazu haben wir nicht genügend Zeit. Dann gibt es die Menge N-Null, die natürlichen Zahlen mit der Null. Dann gibt es die Menge Z, die ganzen Zahlen. Das sind die natürlichen Zahlen und die Null und auch noch die negativen Zahlen: -1,-2,-3,-4,-5,…..bis minus unendlich, das zähle ich jetzt auch nicht auf, obwohl es sehr schön wäre.
Dann kommen die Brüche, die Menge Q, also 1/4, 1/5, 1/6, 1/7 und so weiter. Wenn wir einen Kuchen aufteilen möchten, dann verwenden wir automatisch die Brüche. Da sind die natürlichen Zahlen natürlich dabei, und die ganzen Zahlen auch. Und jetzt kommt’s! In diesen Zahlen gibt es noch eine weitere Menge und das sind die reellen Zahlen, die Menge R, um die es hier geht. Da ist noch die Wurzel dabei. Wurzel aus 4 ist 2, denn 2 mal 2 ist 4. Die Zahl mit sich selber malgenommen, die 4 ergibt, ist die Wurzel aus 4, und so weiter.
Was gibt es noch bei den reellen Zahlen? Unendliche Zahlen hinter dem Komma. Manchmal kommt bei Rechenaufgaben eine Zahl heraus, die heißt so wie 3,12475638……und das geht unendlich weiter mit lauter verschiedenen Zahlen, die gehören aber trotzdem noch zu den reellen Zahlen. Oder Pi, die Kreiszahl, 3,14…..und so weiter irgendwas irgendwas irgendwas…bis unendlich. Oder e hoch x, die Exponentialfunktion, die Eulersche Zahl. Oder Phi, zu Phi kommen wir später im vierten Teil bei Theano.
We sieht ein Polynom aus? Ein Polynom, eine rationale Funktion sieht im Koordinatensystem irgendwie wie eine Welle aus.
Nun schauen wir mal auf die reellen Zahlen bei Alice Roth.
Was hat sie gemacht? Sie hat dieses Gegenbeispiel, diese stetige Funktion auf dem kompakten Intervall herausgefunden.
Wie hat sie das gemacht? Sie hat die Einheitskreis-Scheibe betrachtet, also den Kreis mit dem Radius 1. Aus diesem Kreis hat sie unendlich viele Löcher oder Kreise heraus gestanzt. Imaginär natürlich. Die abgeschlossenen Kreisscheiben waren disjunkt, sie haben sich nicht überschnitten. Jetzt stellen wir uns einen Kreis mit unendlich vielen Löchern darin vor. In der Mathematik kann man das. Das ist das Schöne. Auf der Restmenge, auf dem, was übrig bleibt, das wir Schweizer Käse nennen, also das, was wir um die Löcher herum noch finden, gibt es dann stetige Funktionen, die nicht mehr gleichmäßig an jeder Stelle durch rationale Funktionen approximiert werden können.
Der Schweizer Käse ist von allen Gegenbeispielen auf dem Gebiet der algebraischen Funktionen schwer zu überbieten.
Ana Torrent(ESP)
geboren am 12. Juli 1966 in Madrid.
Ana Torrent hat als Kind eine zentrale Rolle in dem Film Züchte Raben gespielt. Auf Spanisch heißt er Cría Cuervos. Wir wohnten damals in Spanien, in Bilbao. Dieser Film wurde in den 70ger Jahren weltberühmt. Ich war ein großer Fan von Ana Torrent und trug auch oft die gleiche Kleidung, wie sie in dem Film, nämlich einen roten Pullover und einen karierten Rock. Es geht in Züchte Raben um ein Mädchen, dessen Mutter gestorben ist. Der Vater heiratet erneut oder hat eine Geliebte. Die richtige Mutter, gespielt von Geraldine Chaplin, erscheint dem Mädchen, Ana Torrent im Traum, und empfiehlt ihr, die Stiefmutter umzubringen. Sie soll ein bisschen Gift in ein Milchglas hinein träufeln und es auf den Nachttisch stellen. Das tut sie. Dann lauscht sie an der Schlafzimmertür und hört, wie der Vater stirbt und sie denkt, sie hat ihn umgebracht. Allerdings war der Vater, wie ich erinnere, an einem Herzinfarkt gestorben.
In diesem Film hört sie immer wieder das Lied Porque te vas, interpretiert von der Sängerin Jeannette Anne Dimech das seit diesem Film zu den bekanntesten spanischen Pop Songs zählt. Sie treibt damit ihre Stiefmutter schier in den Wahnsinn. Ich habe es direkt übernommen. Wochenlang lief dieses Lied auf unserem Plattenspieler zu Hause, und meine Mutter ist völlig verzweifelt:
ihr Liedtext:
„Hoy en mi ventana brilla el sol – Y el corazón
Se pone triste contemplando la ciudad – Porque te vas
Como cada noche desperté – Pensando en ti
Y en mi reloj todas las horas vi pasar – Porque te vas
Todas las promesas de mi amor se iran contigo – Me olvidaras – Me olvidaras
Junto a la Estación lloraré igual que un niño – Porque te vas – Porque te vas
Bajo la penumbra de un farol – Se dormirán
Todas las cosas que quedaron por decir – Se dormirán
Junto a las manillas de un reloj – esperarán
Todas las horas que quedaron por vivir – esperarán
Todas las promesas…“
Anane Bodibo (TGO),
ist eine Freundin von mir, und Germanistikstudentin in Togo. Ich habe lange in Togo gelebt. Sie schreibt ihre Masterarbeit und ich habe sie gefragt, welches ihr Thema ist. Sie hat mir diese Mail geschrieben:
„Liebe Anne !
Ich arbeite endlich über Islam in Deutschland. Es ist eine Analyse des Romans Panoptikum: Deutschland den Türken. Oder wie kann man diese Türken nur assimilieren? von Murad Durmus. Hast Du diesen Roman jemals gelesen?
Mein Ziel ist es zu zeigen, wie Durmus das Problem der Integration von Muslimen in Deutschland inszeniert.
Wir befinden uns in einem globalen Dorf, in dem wir aufgerufen sind, mit Menschen zu leben oder zu interagieren, die sich kulturell oder religiös von uns unterscheiden. Und ich denke, dass eine multikulturelle Gesellschaft ein Reichtum sein muss und keine Gesellschaft von Konflikten, in der Kulturen und Religionen versuchen, sich gegenseitig zu zerstören.
Wie findest Du mein Thema? Du kannst mich in Deinem Projekt erwähnen, wenn ich Deine Kriterien erfülle.
Liebe Grüße, Deine Anane“
Ja – Berlin ist multikulturell, aber fast möchte ich glauben, Berlin ist im vergleich zu Lomé (der Hauptstadt von Togo), ein Entwicklungsdorf. Ich habe Togo als ziemlich transkulturelle Gesellschaft kennengelernt. Alle haben mit allen zu tun.
Das heutige Togo liegt in Westafrika, von Euch aus gesehen, rechts von Ghana und links von Benin. Diese Grenzen wurden einmal vor über hundert Jahren in Europa nach europäischen Handelsinteressen festlegt. Die Grenzen sind auf der Landkarte senkrechte Linien. Die Völker, die sich aber selber damals gar nicht so scharf voneinander abgegrenzt hatten, sind eher sozusagen waagerecht angesiedelt. Viele der heutigen sogenannten togoischen Völker sind aus dem Norden eingewandert, auf der Flucht vor repressiven hierarchischen Systemen. Im Zentrum des heutigen Togo lebten bereits die Kabije, die matrilinear waren oder sind. Sie hatten keine Könige. Einwandernde wurden nicht unterdrückt. Darum blieben sie. Die zuwandernden Gruppen haben sich auf ihrer Reise aus dem Norden immer wieder mit der ansässigen Bevölkerung vermischt. So wurde ihre Hautfarbe auch immer dunkler.
Westafrikanische BewohnerInnen sagen manchmal, sie wohnen im Golfe du Guinée. In Lomé, der Hauptstadt, einer Küstenstadt mit dem größten Hafen von Westafrika, die auch das Handelszentrum des Landes ist, leben Ewe, Gangbé, Fon und alle Völker, die aus ganz Afrika, manchmal auch aus Europa oder auch aus Asien gekommen sind, zusammen untereinander vermischt. Sie haben über die Jahre eine eigene Misch-Sprache entwickelt: Mina. Ihre Göttin heißt übrigens Mawu. Ich habe einen Freund in Lomé, er heißt Mawoulolo. Dieser Name klingt sehr lustig und ich mußte lachen, als ich ihn zum ersten mal gehört habe. Lolo heißt auf Mina groß. Er heißt also große Göttin.
Nun bin ich dran:
Anne-Kathrin Tismer (FR), geboren am 9. August 1963 in Versailles.
Ich heiße Anne-Kathrin. Ich bin in Versailles geboren. Das ist bei Paris und Paris liegt in Frankreich. Meine Eltern mochten den Namen, Solange (solonsch gesprochen) und wollten mich eigentlich Solange nennen. Aber sie haben überlegt, daß sie eventuell irgendwann wieder nach Deutschland ziehen und dort würde ich solange (solange gesprochen) heißen. Darum haben sie mich Anne-Kathrin genannt.
Mit zwei Jahren konnte ich perfekt die deutsche Sprache sprechen, über mein Dasein reflektieren und fragte darum meinen Vater: Papi, warum heiße ich eigentlich Anne-Kathrin? Mein Vater hat mir damals geantwortet: Du bist nach zwei Königinnen benannt. Nach Anne de Bretagne und nach Katharina de Medici.
Beide Königinnen lebten in der Renaissance.
Anne de Bretagne (FR), geboren am 25.Januar 1477, gestorben am 9.Januar 1514,
war eine glückliche Königin. Sie lebte im Nordwesten von Frankreich. Ganz im Nordwesten von Frankreich gibt es ein kleines Dorf, über das wir später noch sprechen. Anne de Bretagne hatte ein aufregendes Leben, viele Kinder, sie hat sich sehr für die Bretagne eingesetzt und sie war sehr beliebt.
Katharina von Medici (IT), geboren am 13. April 1519 in Florenz, gestorben am 5. Januar 1589 in Blois,
war Mitglied einer der reichsten Familien Europas. Die Familie war in Florenz einflußreich. Nach Niederlagen in Kriegen war es üblich, Kinder von reichen Familien als Geiseln zu behalten. Katharina von Medici wird uns immer wieder im Alphabet begegnen. Seit ihrem achten Lebensjahr war sie in verschiedenen Konventen (Klöstern) als Geisel der Republik Florenz gefangen. Die Familie wurde dadurch erpresst. Sie war sehr begabt, lernte griechisch, Latein und Französisch und interessierte sich für Mathematik.
Mehrmals sollte sie als Geisel hingerichtet werden und ihre Haare wurden bereits geschoren. Ich hätte nicht mit ihr tauschen wollen.
Ein Leben mit reichen Eltern muss für die Kinder nicht zwangsläufig eine glückliche Kindheit bedeuten.
Ah !
Hier nebenan, links westlich um die Ecke in Brandenburg in der Prignitz, fast hätt ich es vergessen, lebte zur gleichen Zeit, also auch in der Renaissance:
Anna von Tecklenburg-Schwerin (DE), geboren am 5. Juli 1532 auf Schloß Rheda bei Gütersloh, gestorben am 24. August 1582.
Sie war eine Herzogin. Ihr gehörten mehrere Burgen. Sie interessierte sich für Medizin und richtete in ihren Burgen Apotheken ein, die auch für das Volk zugänglich waren. Die Medikamente waren also für alle erschwinglich. Sie regierte drei Länder. In ihren Ländern gab es keine Verfolgung sogenannter Hexen. Es heißt, sie war nicht davon überzeugt, daß es Hexen gibt.
Wir bleiben bei dem Buchstaben A. Wir gehen in der Zeit fast 2500 Jahre zurück, aber nicht im Alphabeth.
Aspasia (GRC), geboren 470 v. Chr. in Millet, gestorben um 420 v. Chr. in Athen,
(der folgende Text ist inspiriert von meiner gemeinsamen Arbeit mit Sebastian Blasius an „Die Räuber der Geschichte“, mit Essays von vier WissenschaftlerInnen für eine Reorganisation der Geschichte zwischen der Arabischen Welt und Europa: https://sebastianblasius.com/2019/03/07/die-raeuber-der-geschichte-2018-19/ )
Aspasia war eine Philosophin und entwickelte die Aspasische-Methode eine respektvolle Dialog- und Argumentationsform. Sie findet in einer Art Neutrum-Raum statt, alle Beteiligten sitzen auf dem Boden, auf simplen Leinenkissen. Damals war es nicht erlaubt Papier (Tontafeln) und Stift mitzubringen. Heute wären es elektronische Geräte, wie Laptop, Handy usw.. Es war verboten die Stimme zu erheben. Es ging nicht um Rhetorik. Es ging um reine Wahrheitsfindung. Die Menschen sitzen lange schweigend und dann ergibt es sich, daß eine Person anfängt zu sprechen. Sie stellt zum Beispiel eine These auf. Zu dieser These werden Fragen gestellt. Sie wird aus verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet bis eine neue Erkenntnis hervorkommt. Usw..
B
Barbara Fruth (DE), (2022 aktualisiert) Professor Dr. Barbara Fruth ist Primatologin, Verhaltensökologin und Evolutions-Anthropologin. Im Jahr 2020 wurde ihr die Professur in Evolutionärer Anthropologie und Primatenschutz von der Liverpool John Moores University verliehen und seit 2021 ist sie IMPRS Dozentin, IMPRS Vorstandsmitglied und Leiterin des Forschungsprojektes LuiKotale Bonobo Project des 2019 gegründeten Max-Planck Institut für Verhaltenbiologie in der Abteilung für Ökologie der Tiergesellschaften.
Ihre Arbeit beschreibt sie selber u.a. wie folgt:
„Ich bin Verhaltensökologin und Evolutions-Anthropologin.
Seit 1990 erforsche ich wilde Bonobos (Pan paniscus) in der Demokratischen Republik Kongo.
Bonobos haben im Gegensatz zu biologischen Paradigmen, sowie zu ihrer Schwester-Art, dem Schimpansen (Pan troglodytes), auffallende Eigenheiten entwickelt.
Sie haben eine soziale Organisation, mit Zusammenarbeit und Bindung zwischen Frauen trotz weiblicher Exogamie; ein bemerkenswertes Paarungsverhalten mit einem breiten Spektrum sexueller Interaktionen, einschließlich sozialem Sex; moderate Aggression, mit einer daraus resultierenden, von Frauen dominierten sozialen Struktur; umfangreiche Nahrungsteilung von Tieren und Pflanzen; und einen wundersamen Mangel an materieller Kultur.
Ich interessiere mich für das Sozialverhalten von Bonobos, ihre ökologischen Einschränkungen und ihre Rolle innerhalb des Ökosystems.
Ich interessiere mich speziell für ihre Lebensgeschichte mit Fokus auf ihren Gesundheitszustand als direktes Maß für ihre Fitness.
In diesem Zusammenhang untersuche ich die Transition von Pflanzen und anderen Gegenständen, die als Nahrung aufgenommen werden, zu solchen, die für medizinische Zwecke verwendet werden.
Ich verfolge einen interdisziplinären Ansatz, Herbarien, Analysen der phytochemischen und pharmakologischen Eigenschaften von Pflanzen einbeziehend, und ihre Wirkung auf Wachstum, Gesundheit und Fitness einzelner Bonobos.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der Naturschutz. Das LuiKotale Bonobo-Projekt ist sehr abgelegen und grenzt an den Salonga-Nationalpark, ein Weltnaturerbe. In enger Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung entwickle ich Strategien zum Schutz von Lebensräumen und Arten, die als Modell für großflächigen Schutz geeignet sind.“
2019 habe ich (Anne) mit ihr zusammen im Literaturhaus Berlin eine Lecture Performance über Dagny Juel und die Bonobos gehalten.
https://norway2019.com/de/events/fluegel-in-flammen-ein-abend-zu-dagny-juel-mit-lars-brandt-dr-barbara-fruth-und-anne-tismer
Sie erforscht die Medikation der Bonobos. Sie leitet eine Forschungsstation in LuiKotale im Kongo, dort wo die Bonobos wohnen.
Wie stellen wir uns das vor? Sie geht im Wald in einem bestimmten Abstand, hinter einer Bonbono Familie her und beobachtet, welche Früchte und Kräuter sie essen. Manchmal probiert sie die Kräuter, und immer sammelt sie welche ein und analysiert sie in der Station. Dadurch findet sie möglicherweise Medikamente auch für uns Menschen.
Bonobos
Wer sind die Bonobos?
Ich fange mal ganz vorne an:
Bonobos, Chimpansen und Menschen (Hominini, wie auch Sahelanthropus, Orrorin, Ardipithecus, Australopithecus, Homo Erectus, Homo Habilis, Neandertaler …. ) hatten vor 6 Millionen Jahren eine gemeinsame Ahnin, die wir noch nicht gefunden haben. Davor hatte sich schon unsere gemeinsame Vorfahrin von den Gorillas, Orang-Utang usw. getrennt.
Vor 1 bis 2 Millionen Jahren haben sich Bonobos und Schimpansen getrennt.
Da die Bonobos in der gleichen Umgebung leben, wie unsere gemeinsame Ahnin gelebt hatte, auf einer Seite des Kongo im Dschungel (Bonobos vermischen sich nicht mehr mit Chimpansen, da sie nicht schwimmen können), kann es sein, daß wir Menschen den Bonobos ähnlicher sind als den Schimpansen. So vermuten es manche WissenschaftlerInnen.
In welcher Struktur leben die Bonobos?
Sie leben in einer egalitären Gesellschaft. Die (flache) Hierarchie entsteht durch soziale Kompetenz, vor allem durch Freundlichkeit und Großzügigkeit. Im Zentrum ist meistens eine Bonobo Frau. Es kann auch mal ein Mann sein.
Wie wächst eine Bonobo Frau auf?
Sie bleibt zunächst bei der Mutter und die Mütter sind wahre Helikoptermuttis. Der Impuls der menschlichen Helikoptermütter ist also vielleicht ganz natürlich. Die junge Bonobo Frau wandert nach der Pubertät in Nachbardörfer aus und sucht sich fremde ältere Frauen als Patinnen, und verschiedene Partner aus. Die Bonobo Frauen wählen nach ihrem Willen ihre Partner. Sie können mit so vielen Partnern verkehren, wie sie möchten und auch in der neuen Gemeinschaft so lange bleiben, wie es ihnen gefällt. So eine Gesellschaft nennt sich Fission-Fusion Gesellschaft. Eine Bonobo Frau bekommt circa im Abstand von 4 bis acht Jahren ein Kind.
Die Gruppen können sich, je nach Lust und Laune immer wieder neu zusammensetzen.
Wie wächst ein Bonobo Mann auf?
Er bleibt sein ganzes Leben lang bei seiner Mutter. Seine Stellung innerhalb der Gruppe ist abhängig von der Stellung der Mutter. Wenn die Mutter stirbt, dann kann sich die Situation des Mannes verschlechtern. Er muss dann wirklich sehr freundlich sein, um weiter akzeptiert zu werden. Es gibt auch Nachteile – gut – ok.
Dimorphismus:
Eine einzelne Bonobo Frau ist normalerweise nicht so stark wie ein einzelner Bonobo Mann. Aber es gibt uneingeschränkte Solidarität unter den Frauen. Würde ein einzelner Mann eine Frau angreifen, dann wäre er den Sanktionen der gesamten weiblichen Population ausgesetzt. Es gibt durchaus junge übermütige aggressive Männer. Die Gesellschaft ist nicht automatisch friedlich, sondern immer wieder auf aktives Betreiben der weiblichen Mitglieder angewiesen, die die aggressiven pubertierenden Männer zum Beispiel verjagen, anschreien oder gemeinsam verprügeln, wenn sie zu grob werden…
Es gibt wenige Territorialkämpfe. Wenn sich zwei fremde Gruppen zufällig treffen, dann bekriegen sie sich normalerweise nicht, sondern begrüßen sich fröhlich, weil die Frauen sich wieder erkennen: in den verstreuten Gruppen finden sich ja die Schwestern, Mütter, Tanten, Cousinen, Nichten usw..
Also:
Es gibt keinen Krieg, denn in verschiedenen Gruppen wohnen weibliche Verwandte, die solidarisch sind. Interessant: demokratische Staaten der Homo sapiens greifen sich auch nicht gegenseitig an.
Es gibt keinen Infantizid.
Es gibt keine Vergewaltigung.
Es gibt wohl auch kaum Morde.
Barbara Fruth hat in 30 Jahren einen Fall erlebt in dem ein Bonobo Mann, der ein Kind angegriffen hatte, verprügelt und verjagt wurde. Dieser Mann hat die Gruppe verlassen und wurde nie mehr gesehen. Er ist wahrscheinlich verendet.
Barbara Strozzi (IT)
getauft am 6. August 1619 in Venedig, gestorben am 11. Oktober 1677 in Padua
war eine Komponistin des Barock und Vertreterin der säkularen Komposition. Sie war bekannt für ihre poetischen Texte.
Im Barock gibt es den Basso Continuo. Er wird von einem Cello (oder einer Gambe) gespielt und ist eine durchgehende Basslinie, die den Grundrhythmus angibt. Darüber liefen Melodien, Harmonien oder Akkorde, die oft improvisiert waren. Barbara Strozzi hatte sehr virtuose Folgen entwickelt.
In der Aufnahme hört man auch beispielhaft für die barocke Musik: die sogenannte Monodie, den Einzelgesang, eine Person, die eine Geschichte singend erzählt. Der Fokus liegt auf der textlichen Aussage, aber das Publikum ist berührt durch die (hohe) Stimme. Und das war die Geburt der Oper. Die Sängerinnen schrieben Melodien, die sie improvisiert hatten, auf. Sie waren die eigentlichen Komponistinnen. Männer schrieben im Wesentlichen auf, was sie von den weiblichen Sängerinnen gehört hatten….
(Dies ist ein ganz kleiner Teil meines Manuskripts für eine ungefähr siebenstündige Performance hauptsächlich über WissenschaftlerInnen, in der Hoffnung, daß wir uns vervielfachen und in 500 Millionen Jahren eine Maschine erfunden haben werden, die uns etwas weiter außen ins Sonnensystem befördert…oder… vielleicht zu unserem bis dahin entdeckten neuen Planeten….oufff – gesamter Text: Schaefersphillippen)
Photography: Lea Hopp und Hendrik Lietmann
MEDIEN
